Zunfthinweise Auszüge aus: Richtfeste gestern & heute                        Zünftiges Handbuch Gewandhausgesellen Leipzig 2006 Autor:             Dipl.-Ing. (FH) Peter Kunze Die Kluft: Kluft nennt man die Zunftkleidung oder Tracht des zünftigen Gesellen. Sie ist sein Stolz und wird in der Bevölkerung überall gern gesehen. Die Zunftkleidung ist ein deutliches Unterscheidungsmerkmal der verschiedenen Zünfte. Sie besteht aus: dem schwarzen Hut (Schlapphut, Zylinder oder Koks), der Staude (kragenloses weißes Hemd), der Samt- oder Manchesterweste mit Perlmuttknöpfen, der Samt- oder Manchesterjacke mit Perlmutknöpfen, der Samt oder Manchesterhose, den schwarzen Schuhen oder Stiefeln und der Ehrbarkeit, ein krawattenähnliches Stück Stoff, das mit einer Handwerkswappennadel an der Staude (Hemd) befestigt wird. (Farbe der Ehrbarkeit nach Schacht /Gesellschaft) Ferner trägt der Geselle einen Ohrring mit Handwerkswappen und einer Zunftuhrenkette mit dem Wappen der Städte, in denen er gearbeitet hat. Jeder Geselle kann selbst entscheiden, ob er diesen Zunftschmuck benutzt. Alle weiteren Verzierungen an der Kluft sind nicht gestattet!!! Überzählige Knöpfe, nur bei den freien Vogtländern! Im eigenen  Interesse des Gesellen und mit Rücksicht auf seine Kameraden sollte sich die Kluft stets in einem sauberen und ordentlichen Zustand befinden. Zimmerleute tragen ausschließlich schwarze Kleidungsstücke. Maurer tragen graue oder weiße Hose und graue oder weiße Weste zu einer weißen, grauen oder schwarzen Jacke. Auffallend sind an allen Handwerkstrachten die großen weißen Perlmutknöpfe, die so angenäht sein müssen, dass beim Zimmerer der Faden die Form des Buchstaben „Z“ und bei den freien Vogtländern ein „V“ ergibt. Die Knopfanzahl soll den Gesellen an den gewerkschaftlichen Kampf um die Verkürzung der Arbeitszeiten erinnern: - 6 Knöpfe der Jacke - an die 6 Tage-Woche - 8 Knöpfe an der Weste - an den 8 Stunden-Tag   Der Hut: Die Huttradition reicht weit ins Mittelalter zurück. Er war Zeichen eines freien Mannes, kein „Leibeigener“ durfte ihn tragen. Wurde im Handwerk ein Lehrling „frei“ gesprochen und ging auf die Wanderschaft, so trug er mit Stolz und Würde seinen Hut, als Symbol der Freiheit gegenüber der Obrigkeit und dem Bürgertum. Heute noch existierende Zunftvereinigungen der Bauhandwerker unterscheiden sich von den anderen Handwerkern durch das Tragen von schwarzen weit krempigen Schlapphüten, Zylinder oder Koks (steife Hüte).   Der Ohrring: Ein sechszackiger goldener Stern (Siegel des jüdischen Königs Salomo) der das jeweilige Zunftwappen beinhaltet! Kehrte früher ein Geselle unerlaubt eher aus der weiten Welt in die Heimat zurück, wurde ihm der Ohrring aus dem Ohr gerissen. Daher der Ausdruck „Schlitzohr“. Das so gezeichnete Ohr kündete von der Verletzung des Zunftgesetzes. Der Ohrring war früher aus purem Gold und oft das einzige Kapital, das nach dem Tod eines reisenden Gesellen von den Hinterbliebenen dazu verwand wurde, dem Verblichenen das Begräbnis zu richten.   Farben der Ehrbarkeit, Erkennungsmerkmale Schwarz:  Vereinigung der rechtschaffenen Fremden Blau:  Rolandschacht Rot:   Fremder Freiheitsschacht Gold:  Freie Vogtländer Deutschlands (die Buchstaben „FVD“ werden im eingeschlagenen Hemd auf der Brust getragen) Grau: Freier Bewegungsschacht („Die Elefanten“)   Schwarz mit Rose: Bruderschaft zur Rose Quedlinburg und Döllnitz   Krawattenkordel:  Gewandhausgesellen Leipzig   3 Knöpfe am Hut: Heidberg Frei-Zunft Güstrow und Moratneustetten   „Verstöße gegen Zunftgebrauch und Gewohnheit“ Stubenfehler und Straßenfehler: Essen mit Hut Der Hut ist durch die Küche oder hinter der Theke immer abzunehmen Das nicht tragen einer weißen Staude (Hemd) Das nicht tragen von schwarzen Schuhen, die schwarzen Schuhe sollten immer geputzt sein! Verzierungen an der Kluft wie Orden und Abzeichen sowie überzählige Knöpfe (außer Heidberg Freizunft-3 Knöpfe am Hut) Im Bündnis werden die Handwerksnadel, Gesellschaftsnadel und Bündnisnadel auf dem linken Westenkragen getragen. Beim Betreten der Herberge oder des Kruges oder einer Gastwirtschaft immer mit geschlossener Jacke eintreten und auch das Verlassen mit geschlossener Jacke. Das Betreten des Handwerkersaales immer mit geschlossener Jacke sowie beim Verlassen. Anklopfen bei den Gesellentischen beim Kommen und Gehen, bei auswärtigen Gesellschaften zusätzlich mit Handschlag. Wenn Staude gestülpt wird, immer nach innen. Beim Klatschen Staude immer nach innen stülpen. Kurzarm Staude nicht erwünscht. Knipsfest immer mit geschlossener Jacke. Spinnermarsch immer mit geschlossener Jacke. Ein Charlottenburger muß immer in der Metertasche sein. Alles was in der Hand getragen wird (z.B. Einkauf) muß in einem Charlottenburger eingewickelt werden, größere Gegenstände (z.B. Koffer) sind mit einem Charlottenburger andeutungsweise abzudecken. Anklopfen an Willkommen oder Stiefel wird vergessen Ein Geselle muß dem anderen Gesellen gegenüber Höflichkeit und Anstand zeigen. Stets muß jeder Geselle zuerst seinen Pflichten nachkommen, bevor er ein Recht in Anspruch nimmt. Die Anzahl der Stubenfehler oder Straßenfehler bestimmen immer die anwesenden Gesellen. Die Höhe des Stubenrechtes beträgt 1 Stiefel Bier. Die Strafe kann auch in Form mit einer Trudelstrafe abgezahlt werden. Die Strafe ist sofort zu bezahlen und wird in der Schmorkasse aufbewahrt.  Jeder Geselle hat 3 Freistrafen!     Der Knigge für Reisende von 1878 Vor 125 Jahren beklagte August Linke den Verfall von Sitten und Anstand unter den Wandergesellen und schrieb Benimm-Regeln auf, an denen echte Reisende zu erkennen sein sollten. „Von 100 Handwerksburschen denen man auf der Landstraße begegnete, sind sicher 50, die ein gelerntes Handwerk haben“, schrieb Linke 1878. Die Mehrzahl ist arbeitsscheues Gesindel, die die Mildtätigkeit ihrer Mitmenschen bis zur Schamlosigkeit ausnutzen. Während seiner 18-jährigen Wanderschaft hat Linke seine „Allgemeinen Verhaltensmaßregeln für die Wanderburschen“ gesammelt und aufgeschrieben. Hier ein paar Beispiele aus den Unterlagen, die sich im Blankenburgischen  Herbergsmuseum befinden:     Wer Gepäck trägt, gibt dies in der Herberge sofort beim „Vater“ persönlich ab und erhält dafür eine Marke.     Es ist nicht erlaubt, sich in der Stube die Haare zu kämmen – dies geschieht stets im Hofe. Ebenso das Reinigen der Kleider, Anziehen von Schuhen und Strümpfen.     Papier, Brotrinde, Wursthäute oder dergleichen darf nicht unter den Tisch oder auf die Fensterbretter geworfen werden.     Es wird stets, sowohl zur eigenen Sicherheit, als auch zur Reinhaltung der Betten, ohne Hemd – also ganz nackt – geschlafen und sich der zur Ruhe legende den ganzen Körper mit der flachen Hand abzustreifen, dasselbe tut er morgens vor dem Anziehen des Hemdes.    Kleidungsstücke dürfen niemals auf oder in die Betten gelegt werden, sondern werden stets angehängt.     Als bestes Schutzmittel gegen Ungeziefer ist ein öfteres Einreiben des Körpers mit Petroleum, vor allen Dingen aber die größte Reinlichkeit und sorgfältiges Nachsehen bei jedem verdächtigen Jucken anzuempfehlen.     Wer Krank wird – in der Regel an der Krätze – meldet sich sofort freiwillig auf der Polizei; in 24 Stunden wird er im Krankenhaus geheilt sein und steckt nicht erst Andere mit dieser lästigen Krankheit an.      Einige Worterklärungen: Aufklopfen::  Gesellenversammlung am Sonnabend 20.00 Uhr. Der Altmeister klopft mit dem „Reglement“, einen mit Bändern geschmückten Holzstab 3x auf dem Tisch, als Beginn der Zeremonie.   Bernhard: Bezeichnung für Strafen bei Steinmetzen.   Blauer Montag: Freier Montag, ursprünglich für Versammlungen, später zum Feiern.   Buchgeselle: Geldverwalter   Charlottenburger: (auch Berliner genannt) Buntes Handwerkstuch (80x80 cm), geschnürtes zünftiges Reisebündel mit dem ganzen persönlichen Besitz, Arbeitssachen, Wäsche und Werkzeug.   Ehrbarkeit: Schlips, äußere Erkennbarkeit einer Gesellenvereinigung.   Innung: Vereinigung selbständiger Handwerker.   Klatsch: Auch Zimmermannsklatsch genannt, ist Ausdruck besonderer Freude und Ausgelassenheit. Zum Zweier-, Dreier- oder Viererklatsch werden Zunftlieder gesungen.   Köm: Schnaps   Krauter: Meister   Krug: Herberge   Molle: Glas Bier   Polier: Fürsprecher der Zimmerleute, heute Verantwortlicher einer Baustelle.   Schacht: besteht aus Gesellschaften   Petschaft: Siegel, ältestes Zunftutensil. Noch heute werden Zunftdokumente und Schriftstücke der Gesellschaft mit der Petschaft „abgesiegelt“.   Schallern: Singen   Schmalmachen: Zünftiges Vorsprechen bei einem Meister.   Schmoren: Trinken   Schnack: plattdeutscher Spruch   Seidel: Bierkrug mit Deckel   Stenz: Wanderstab   Stubenrecht: Tageslohn   Tippeln: Wandern   Trudeln: Bestrafung wegen Vergehen gegen die Zunftordnung. Der zu bestrafende wird rücklings über das Trudelholz hin und her gezogen.   Vogtländisch Arbeiten: Bei einem Meister auf dem Lande „unzünftig“ arbeiten.   Vogtländisch aufklopfen: Geselliger, lustiger Abend, meist mittwochs.   Walz: Wanderschaft, Reisen   Zunft: Organisation des Handwerks seit dem 11. Jahrhundert   Zunftpfeife: Auch „Einheimischpfeife“ genannt. Bekommt ein Geselle zur Erinnerung geschenkt, wenn er sich „einheimisch“ meldet. An sie hängt dann jeder Geselle ein farbiges Band mit Namen und Geburtsort. 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